Burstyn-Kaserne
Adresse der Liegenschaft
Am Flugfeld 5, 2322 Zwölfaxing
Art der Liegenschaft
Kasernen, Flugplätze, Kommandogebäude
Bezeichnung der Liegenschaft
Flugfeld Zwölfaxing (1940 - 1945) Panzerkaserne (1955 - 1967), Burstyn-Kaserne (seit 1967)
Geschichte der Liegenschaft
Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde durch die neuen Machthaber rasch das Fehlen größerer Kasernen für die Luftwaffe und die Fliegerabwehr festgestellt. Daher wurden die bestehenden Fliegerhorste massiv ausgebaut und zahlreiche neue Standorte für diese Waffengattung erbaut.
So wurde ab 1940 südöstlich von Wien in Zwölfaxing ein großes Flugfeld mit einer angeschlossenen Kaserne errichtet. Bei Beginn des Balkanfeldzuges war hier das Kampfgeschwader 2 stationiert und griff von hier aus u.a. am 6. April 1941 die jugoslawische Hauptstadt Belgrad an. Vom Fliegerhorst leitet sich auch die heutige Adresse "Am Flugfeld" ab. Auf dem Fliegerhorst wurden ab 1943 aber auch Flugzeuge wie der viermotorige Bomber He 177B5 durch die Firma Heinkel entwickelt, ab 1944 wurden hier zusätzlich monatlich 300 Jagdflugzeuge durch die Firma Messerschmitt hergestellt. Die unterirdischen Anlagen, in denen die Flugzeuge zusammengebaut und untergebracht wurden, existieren heute nicht mehr.
Nach dem II. Weltkrieg wurde das schwer durch Bomben getroffene Areal von Fliegerverbänden der sowjetischen Besatzungsmacht genutzt. Nach deren Abzug 1955 wurde es von der Republik Österreich übernommen und 1956 an das Österreichische Bundesheer der 2. Republik übergeben, es wurde aber kein Flugbetrieb mehr aufgenommen.
Zur möglichen Sicherung der Ostgrenze Österreichs, im Zuge des ungarischen Volksaufstandes, wurden 1956 Einheiten der Panzertruppenschule aus Hörsching hierher in den Osten des Landes verlegt. Die nach Zwölfaxing verlegten Teile der Panzeraufklärungsschulabteilung verblieben auch nach Ende des ungarischen Aufstandes hier. 1957 folgte die noch in Hörsching zuvor zurückgelassene Panzerschulabteilung nach.
1960 wurde aus der 1. Panzerschulabteilung das Panzerbataillon 33, gleichzeitig wurde die 9. Panzerbrigade gebildet, aus der 1963 die 9. Panzergrenadierbrigade entstand. Im selben Jahr wurde auch Panzertruppenschule aus dem Panzerbataillon 4 und verschiedenen weiteren Teilen der Panzertruppe neu zusammengestellt.
2006 kam es wieder zur Auflösung der Panzertruppenschule, die als "Institut Panzer und Panzerabwehr" der neu gegründeten Heerestruppenschule eingeliedert wurde. Sehr schmerzhaft war für viele aktive wie ehemalige Kameraden, als im Zuge der Umgliederung 2016 das traditionsreiche Panzerbataillon 33 in ein Jägerbataillon umgewandelt wurde. Das ehemalige Flugfeld ist heute ein fast 100 ha großer Garnisonsübungsplatz.
Quellen
Auftraggeber Heer, Broschüre, BBD Wien ca. 1992; Aufzeichnungen HR Mag. G. Fritz; https://de.wikipedia.org/wiki/Burstyn-Kaserne
Namensgeber der Liegenschaft
Günther Adolf Burstyn
Günther Adolf Burstyn wurde am 6. Juli 1879 in Aussee, Steiermark geboren. Er war einer von drei Söhnen des in Lemberg als Jude geborenen und später zum Katholizismus konvertierten Bahn-Commissärs und Ingenieurs Adolf Burstyn und dessen Frau Juliane, die als Journalistin arbeitete. Sein Bruder Werner wurde Ministerialrat, der andere Bruder, Walther Burstyn, war ein bekannter Professor für Elektrotechnik.
Gunther, wie er sich später nannte, wechselte im Jahr 1895 vom Gymnasium an die Pionierkadettenschule nach Hainburg. Dort wurde er am 18. August 1899 ausgemustert und, nach Bestehen der Kadettenprüfung, zum Kadett-Offiziersstellvertreter ernannt und beim Eisenbahn- und Telegraphen-Regiment, das als technisches Eliteregiment der Donaumonarchie galt, assentiert.
1902 wurde er als Nachrichtentechniker in den Hauptkriegshafen der Monarchie nach Pola versetzt. Als er zu einer Fahrt mit einem Torpedoboot eingeteilt wurde, kam ihm der Gedanke, dass auch gepanzerte Landfahrzeuge technisch machbar sein müssten. Während er in Wien den Geniekurs absolvierte, begutachtete er auf der Wiener Automobilausstellung den Daimler-Panzerwagen in allen Details.
Im Mai 1906 zum Oberleutnant befördert, wurde er dem Geniestab bei der Geniedirektion in Trient zugeteilt. In Folge wurde er im Raum Trient auch als Planer im Festungsbau eingesetzt, daraus resultieren mehrere Publikationen über Kriegsbaukunst. Während der Kriegsjahre war er noch in verschiedenen Funktionen des Eisenbahn- und Telegraphen-Regiments, zuletzt als technischer Adjutant, tätig.
1911 konstruierte er den ersten geländegängigen Panzerwagen mit drehbarem Geschützturm, sein "Motorgeschütz". Der Entwurf, der auch patentiert wurde und moderner war als alle Panzer des I. Weltkriegs, stellte technisch einen Meilenstein in der Geschichte der Panzertechnik dar, wurde aber von der Militärführung Österreich-Ungarns und vom Deutschen Reich abgelehnt. Die große Panzerschlacht von Cambrai sollte dann 1917 in aller Deutlichkeit zeigen, welche schwerwiegenden negativen Folgen die Ablehnung der Panzerwaffe durch die Heeresführung hatte.
Nach dem I. Weltkrieg wurde Gunther Burstyn Leiter der Materialprüfungsstelle des ersten Bundesheeres und Leiter der technischen Exponate des Heeresgeschichtlichen Museums: Von 1926 bis zu seiner frühen Pensionierung 1933 war er Sachbearbeiter für pioniertechnische Aufgaben in Bundesministerium für Heerwesen.
Nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich glaubte er, mit den Nationalsozialisten endlich seine Ideen umsetzen zu können. Burstyn war als Sohn eines gebürtigen Juden aufgrund der Nürnberger Gesetze nach NS-Diktion zumindest Halbjude. Er dürfte aber als "Ehrenarier" eingestuft worden sein, da ansonsten seine Tätigkeit für die Wehrmacht nicht möglich gewesen wäre. Ende März 1941 konnte Burstyn aufgrund einer Intervention seines Bruders Walther seine Idee einer Panzerfähre sogar Hitler persönlich vortragen und erhielt dafür das Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern I. und II. Klasse (verbunden mit einem Ehrensold). Burstyn genoss fortan in der Wehrmacht höchstes Ansehen. Er widmete sich nun der Panzertaktik, insbesondere der Panzerabwehr und entwickelte verschiedene Sperrmittel, unter anderem den Panzerhöcker als wirksame Panzer-Standardsperre (diese fand auch nach dem II. Weltkrieg vielfache Verwendung, etwa an der seinerzeitigen Innerdeutschen Grenze). Jedoch verhinderten letztlich der fortschreitende II. Weltkrieg und die abzeichnende Niederlage auch hier die Realisierung seiner Projekte.
Die Verleihung des Ehrendoktorrats 1944 der Technischen Universität Wien ließ den Verdacht aufkommen, dass er den Nationalsozialisten nahesteht. Laut eigenen Angaben stand er dieser Ideologie zwar bejahend gegenüber, hat sich aber nie am politischen Leben beteiligt und war auch nie Mitglied einer nationalsozialistischen Organisation. Er gab diesbezüglich auch eine eidesstattliche Erklärung ab.
Am 15. April 1945 hat sich er sich und seine Frau, aus heutiger Sicht vermutlich wegen seiner fortgeschrittenen Erblindung, seiner starken Depressionen und der Angst vor dem russischen Einmarsch, erschossen.